Die Problematik der Tabuisierung in der Gestaltpoetik schafft realisierte Interdisziplinarität. Sie schaltet die Literaturgeschichte, aber auch die Literaturtheorie ohne Schwierigkeiten in die breiteren Kontexte von der Sozialontologie, Anthropologie oder einfach der Soziologie oder Ethnographie ein. Auch die moderne Gesellschaft ist voll von Tabus, die nicht jederzeit wahrgenommen und erlebt werden, denn sie sind in vielen Fällen hinter der Sozialisation, den nicht mehr hinterfragten sozialen Verhaltensregeln oder der ebenfalls nicht mehr reflektierten sozialen Normalität versteckt. Neben diesen nur selten erlebten und bewusst gemachten Tabus existieren auch offene soziale, sogar politische Verbote. Selbst diese offenen und expliziten Tabus und Verbote werden des öfteren nicht (mehr) als solche erlebt, weil wir die sozialen Verhältnisse generell für sehr veränderbar ansehen und deshalb auch selbst wirkliche Tabus und Verbote nicht mehr in ihren strukturell absoluten Position wahrnehmen.
- Vom Satz zurück zur Höhlenmalerei
- Wie (manche) Bildungsträger funktionieren
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Zwischen schriftstellerischer Botschaft und Tabuisierung
Zur Gestaltpoetik von Tibor Déry
von: Endre Kiss