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Zahle einmal – reise dreimal so lange

von: Dorothea Hoppe-Dörwald

(c) Dorothea Hoppe-Dörwald

September 2022 - endlich habe ich Urlaub und geplant sind mehrere kleinere Unternehmungen, lockt doch das 9 Euro-Ticket, die Region zu erkunden. Und ein Besuch bei den Eltern steht auch an. Ich werde zwei Wochen viel mit der Bahn unterwegs sein. Ich fahre gerne Bahn, selbst wenn ich nur die S-Bahn nehme, um zum Zahnarzt in die nächste Stadt zu fahren. Mit der Bahn fühlt es sich gleich nach etwas Besonderem an. Es ist mehr als eine Busfahrt, es ist immer ein bisschen etwas Größeres, es ist eben schon eine kleine Reise. Es ist fast so wie die Fahrt als Kind von Hameln nach Hildesheim, um die Tante zu besuchen. Es ist immer irgendwie aufregend. Und es bleibt auch immer die Spannung, bis der Zug kommt und man einen Platz gefunden hat. Erstaunlich eigentlich, dass viele lehrreiche Jahre mit der Bahn meinem positiven Gefühl nichts anhaben konnten.

 

Das 9-Euro-Ticket ist eigentlich eine tolle Sache

Zum Fahrradfahren ist es zu heiß, also nehmen wir die Bahn und machen eine Tagestour. Wir fahren mit der S-Bahn von Worms nach Bingen. Die Hinfahrt klappt wunderbar. Glücklich und entspannt genießen wir einen Urlaubstag am Rheinufer und in Hildegards Kräutergarten, auf der Skulpturenmeile und in der Stadt. Wir schlendern durch den Tag, um dann langsam an die Rückfahrt zu denken. Minuten der Verspätung gehören dazu, wir bleiben guter Dinge, irgendwann kommt die Bahn, auch mit einer verzeihbaren Verspätung. Wir freuen uns auf einen Sommerabend auf dem Balkon, es ist September, es werden die letzten schönen Tage sein. Wir kommen bis nach Eppelsheim, ein kleiner Ort, nie beachtet, nie registriert. Der Zug hält planmäßig. Und das tut der dann auch außerplanmäßig mit ausführlicher Geduld. Das Beste sind die Ansagen. Zunächst verzögert sich die Abfahrt um 10 Minuten aufgrund eines technischen Defekts. Diese Verzögerung wird noch ein paar Mal um weitere 10 Minuten verlängert. Langsam werden die Mitreisenden unruhig. Aufstehen, rausgehen, rein und raus, wieder hinsetzen. Die Raucher wissen mehr, denn die haben einen echten Grund den Zug zu verlassen. Noch ist es witzig, die Sonne scheint warm, die Stimmung ist humorvoll freundlich. Als die Ansage kommt, dass der Zug bis auf weiteres nicht weiterfahren kann, weil es eine unklare Situation im Gleisbett gibt, wird die Stimmung verhaltener. Es müssen Experten zu besagter Stelle geschickt werden, die eine Einschätzung durchgeben. So lange bleibt der Zug, wo er gerade ist, das kann schon mal eine Stunde dauern. Der Lokführer, ein jüngerer Mann mit Pferdeschwanz und freundlicher Art, plaudert gern und erzählt, wie hart es für die Lokführer sei, nur noch selten eine pünktliche Fahrt abliefern zu können. An ihnen liege es nicht.

Die Menschen bleiben freundlich und tauschen angeregt ihren reichen Erfahrungsschatz in Sachen Chaos bei der Deutschen Bahn aus. Bis auf eine Mitreisende, sie zischt bösartig den Lokführer an, ist sichtlich genervt und droht Beschwerde an. Sie erwischt die Situation aber auch nicht an einem Urlaubstag, sondern im Arbeitsalltag und scheinbar auch nicht zum ersten Mal. Aber sie entpuppt sich als anstrengend. Das alte Ehepaar hingegen steht geduldig wartend an der Seite und entzieht sich dem Gemecker. Nach über einer Stunde werden uns Taxis versprochen. Wir werden nach Reisezielen zusammengefasst. Vier Personen für Pfeddersheim. Das sind das alte Ehepaar und wir (das ältere Ehepaar). Nach zwanzig Minuten taucht das Taxi auf, wir reichen dem Taxifahrer unsere Belege, die uns der Schaffner ausgedruckt hat. Und es passen noch zwei Passagiere in das Auto. Hast du nicht gesehen, hat sich die unfreundliche Mitreisende auf den Vordersitz geschmissen und sagt, dass sie auch nach Pfeddersheim muss. Ich bin doch sehr erstaunt, ob dieser unangenehmen Art sich einen Platz zu ergattern. Wir fahren los. Die genervte Mitreisende telefoniert laut mit jemandem und lamentiert über ihr Schicksal. Es ist nicht zu überhören.

Dann sind wir am Pfeddersheimer Bahnhof, das Ehepaar muss noch einen Ort weiter, aber hast du wieder nicht gesehen, hat sich die Lady das Taxi schon für ihre Zwecke gekapert und rauscht davon. Wir fahren die beiden älteren Herrschaften in den Nachbarort, das ist das Mindeste, was wir tun können.

Diese Odyssee hat ein Ende. Naja – kann ja mal vorkommen.

 

Von Worms nach Norddeutschland und zurück

Meine nächste Bahnbegegnung habe ich, als ich einen Besuch bei den Eltern in Bad Pyrmont plane. Dafür muss ich von Worms über Mannheim oder Frankfurt und Hannover fahren, um dann den exklusivsten Kurort der Welt zu erreichen. In Worms fahre ich schon eine S-Bahn früher, um auch sicher zu gehen, dass ich den Anschlusszug in Mannheim schaffe. Das hat sich schon öfter als ratsam erwiesen. Aber schon in Worms kommt die S-Bahn nicht, endlich in Mannheim angekommen macht sich die Verspätungskette bezahlt. Mittlerweile ist es ja so, dass sich die Verspätungen flächendeckend und konsequent durchziehen. Genial, ich erreiche ganz entspannt meinen Zug nach Hannover. Dort angekommen geht alles erstaunlich glatt.

Die Rückfahrt endet erst mal in Hannover. Der Zug von Hamburg nach München hat wegen einer defekten Lok sechzig Minuten Verspätung, dann ändert sich die Ansage, der Zug wird kommen, aber dann zurück nach Hamburg fahren. Die Reisenden stehen stoisch am Bahnsteig. Keiner wagt sich weg, denn es kam schon vor, dass dann doch ein Zug kam, die Wartenden einsammelte und vor der angegebenen Verspätung davon sauste. Da stehst du dann, hast dir nur einen Kaffee geholt und der Zug ist einfach mal weg. Also lieber nicht das Gleis verlassen. Dank der genialen Bahn-App sind Smartphonebesitzer relativ zeitnah über Pleiten, Pech und Pannen informiert. Allerdings klappt das auch nicht immer, denn in Sachen Ausfällen, Verspätungen und anderen Mobilitätseinschränkungen der Deutschen Bahn muss man „just in time“ denken, spontan und flexibel bleiben, das Beste hoffen und zugleich mit dem Schlimmsten rechnen.

 

Frankfurt – Worms – Frankfurt

Eigentlich eine geniale Verbindung. Ein durchgängiger Zug lädt zu Museumsfahrten oder einfach einem Großstadttrip ein, in einer Stunde ist man in Frankfurt. Besser geht es nicht, wenn es denn geht. Ich bin mit einer Freundin in Frankfurt verabredet, die Hinfahrt klappt erstaunlich gut bei uns beiden, denn sie reist auch mit der Bahn an.

Aber man soll ja bekanntlich den Tag nicht vor dem Abend loben. Ich habe zwanzig Minuten Zeit, bis der Zug kommt. Ich vergewissere mich mehrfach mit einem Blick auf die aktuelle Anzeige und dem Kontrollblick auf die App. Alles gut! Drei Minuten vor der Abfahrt wird der Zug wegen plötzlicher Erkrankung des Personals abgesagt. Weitere Züge fallen wegen Personalmangel aus. Ich suche Alternativen und finde eine S-Bahn nach Bensheim, dort muss ich dann noch mal umsteigen. Die Bahn ist so brechend voll, dass sogar die noch Reisemutigen und -willigen auf dem Bahnsteig, die alle auch noch irgendwie weiter müssen, keine Anstalten mehr machen, sich in den Zug zu drängen. Wir stehen wirklich wie die Ölsardinen, es ist heiß und die Luft wird unter den Masken richtig dick. Ich bin wieder erstaunt über den Langmut meiner Mitreisenden. Zwei Damen zücken ihre Fächer und sorgen für etwas Luftbewegung. Dann gehen die Türen nicht mehr auf, der Zug fährt aber auch nicht ab. Jetzt sollte niemand an Platzangst leiden. Wir stehen ungefähr zwanzig Minuten auf dem Gleis. Dann zuckelt die Bahn doch irgendwann los und eine Mitreisende macht schon gute Stimmung, in dem sie berichtet, dass sie es kennt, dass der Zug manchmal dann doch wieder stoppt und wegen Überfüllung nicht fährt. Wir tuckern von S-Bahnhof zu S-Bahnhof, immer in der Hoffnung, dass es weitergeht, keiner umfällt und wir keine Notärztin brauchen. Endlich Bensheim, nichts wie raus, Maske ab und durchatmen. Ab jetzt läuft alles glatt, ich bekomme sogar den Anschluss von Worms nach Pfeddersheim. Wenn es optimal läuft, dann macht Bahnfahren richtig Spaß!

 

Dann eben doch das Auto

Geplant sind fünf Tage Hamburg. Natürlich wollen wir die Bahn nehmen. Gemütlich im Speisewagen ein zweites Frühstück nehmen, so haben wir uns das vorgestellt. Aber schon bei der Buchung bekommen wir die Information, dass – egal wie wir fahren - keinerlei Garantie übernommen werden kann, dass wir überhaupt ankommen. Wie bitte? Ja, der S-Bahn-Verkehr nach Mannheim ist für vier Wochen komplett eingestellt und dass es mit dem Schienenersatzverkehr nicht so dolle ist, das konnte ich schon den Berichten einiger Arbeitskolleginnen entnehmen, die pendeln. Nichts geht mehr.

Dann fahren wir diesmal doch mit dem Auto. Wir planen großzügig sieben Stunden ein. 34 Kilometer vor unserer Autobahnabfahrt endet die Fahrt in einem Stau. Danach schaffen wir vier Kilometer in drei Stunden. Nach zehn Stunden kommen wir an. Ist das nun die bessere Alternative? Immerhin, die Rückfahrt lief störungsfrei.

Während ich das schreibe, kommt die Meldung des Tages rein: Komplettausfall aller Zugverbindungen in Norddeutschland – rien ne va plus! Angeblich handelt es sich um einen Sabotageakt, ein Kabel wurde mutwillig zerstört.

Naja - manchmal hat man das beim Auto auch, wenn sich ein Marder daran zu schaffen macht.