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Zoobesuch mit ungeahnten Folgen

Abenteuer und Herzen zum Verlieben - Zur Premiere der Kinderoper "Iwein Löwenritter" am 30.01.2022 im Theater Bonn

von: Dorothea Hoppe-Dörwald

(c) Thilo Beu /// Michael Krinner (Löwe (Sänger)); Anton Kuzenok (Iwein); Christoph Levermann (Löwe (Puppenspieler))

(c) Thilo Beu /// Anton Kuzenok (Iwein); Pavel Kudinov (Gegner); Chor

(c) Thilo Beu /// Sarah-Léna Winterberg (Laudines Herz), Anton Kuzenok (Iwein); Lada Bočková (Laudine); Ava Gesell (Iweins Herz)

(c) Uwe Dörwald /// Einer von vielen "Vorhängen"

Wie lästig, wenn man immer wieder sonntags in den Zoo muss, nur weil die kleine Schwester das so liebt und den Eltern nichts Besseres einfällt. Für die Brüder Leon und Gereon bedeutet dies wieder nur Langeweile und Handygedaddel. Sie hängen also auf der Bank vor dem Löwenkäfig ab und da geschieht es - der Löwe hinter ihnen spricht.

Daher ist es natürlich eine großartige Abwechslung sonntags in das Bonner Opernhaus zu gehen und sich die Kinderoper Iwein Löwenritter anzusehen. Kein Handy sondern ein Orchester, dass noch einmal die Instrumente stimmt, ein roter dicker geschlossener Vorhang und ein gefülltes Theater mit Kindern, Eltern, Großeltern und Abenteurern. Lassen Sie sich einfach auf das Abenteuer ein.

Langsam wird es dunkel, die Instrumente verstummen, ich sinke tiefer in den Sessel und langsam, ganz langsam stellt sich das Bild auf dem Vorhang scharf und zieht mich nach und nach immer mehr in den Bann einer anderen Welt, in den Bann des Abenteuers, wie es heute vermutlich nur noch im Theater gegeben werden kann.

 

1. Akt

Leon und Gereon finden sich als Iwein und Gawein im Immerwald wieder. Die Tiere umstreifen sie, die Bäume wachsen bis in den Himmel. Die beiden Artusritter suchen das Abenteuer und Iwein macht sich zu diesem Zweck auf in das Land Nebenan. Ab jetzt passiert, was passieren muss, Iwein trinkt verbotenerweise von einer Quelle und der Frieden in diesem Wald ist gestört. Das kann der Burgherr nicht auf sich beruhen lassen und kommt herbei. Iwein tötet den Burgherrn, verliebt sich in die trauernde Laudine und schon bald schlagen ihre beiden Herzen im gleichen Takt. Nun geht es neben den Abenteuern an ein weiteres Unterfangen, dass uns Menschen im Leben immer wieder umtreibt und erwischt. Genau wie das Abenteuer kann nämlich auch die Liebe sehr aufregend sein.

Die Erfahrung, dass Glück nicht lange währt, ist ebenfalls uralt. Und so kommt es, wie es kommen muss. Iwein ist hin- und hergerissen zwischen seiner großen Liebe und dem freien Leben als Ritter an der Seite seines Bruders Gawein. Laudine gewährt ihrem Ritter ein Jahr des Kämpfens an der Seite des Bruders, doch sollte diese Frist nicht eingehalten werden, so wird es ein Unglück geben. Das passiert natürlich, Iwein vergisst sich im glücklichen Siegeszug durch die Lande, Gawein und er sind die unschlagbaren blauen Zwillinge.

 

2. Akt

Lunete, Hofdame von Laudine, verflucht Iwein, der sich nicht an sein Versprechen gehalten hat und somit Laudine in Trauer zurückgelassen hat. Der Fluch ist schrecklich, weil er sich selbst vergisst, seine Herkunft und seinen Namen. Als Lunete das sieht, nimmt sie den Fluch wieder zurück und Iwein bekommt eine neue Chance zu beweisen, was für ein hervorragender Kämpfer er ist. Iwein hilft einem Löwen, der im Wald mit einem fürchterlichen Ungeheuer kämpft und gemeinsam besiegen sie den Drachen. Aus Dankbarkeit wird eine große Freundschaft. Ritter und Löwe kämpfen von nun an Seite an Seite. Sowohl der Riese Harpin als auch der doppelte Ritter müssen dieser Stärke weichen und erneut gelangt Iwein an die Gewitterquelle und wieder trinkt er daraus. Diesmal erscheint Laudine, die Burgherrin, die die Quelle verteidigen will. Aber sie erkennt Iwein und verzeiht ihm.

Hallo, aufgewacht, die beiden Jungs reiben sich die Augen und beginnen, den Eltern von ihren unglaublichen Abenteuern zu berichten. Wie schade, viel lieber wären wir noch im Immerwald geblieben, in der so wunderbar inszenierten Sagenwelt, in ihrer Farbpracht.

 

Mit dieser Inszenierung wurde ein wirklich alter Stoff ein zweites Mal adaptiert. Aus dem Urstoff von Hartman von Aue hat die Schriftstellerin Felicitas Hoppe das Kinderbuch Iwein Löwenritter gemacht. Dieses wiederum ist die Vorlage für die Oper. Dass es hier um einen großen Stoff geht, wird sofort klar. Es geht um Ruhm und Ehre und Abenteuer, um Liebe und Freundschaft und Treue. Es ist der Stoff, aus dem das Leben ist, heute genauso wie im Mittelalter.

Aron Stiehls Inszenierung überzeugt und begeistert von Anfang an. Bühnenbild (Thomas Stingl)und Kostüme (Sven Bindseil) folgen einer gelungenen und nur scheinbaren Einfachheit, als sei alles aus einem Bilderbuch ausgeschnitten. Der Scherenschnittstil zieht sich durch das ganze Stück. Jeder Akt erhält ein ganz eigenes Bühnenbild. Diese verbinden sich am Ende zu einem neuen gemeinsamen Bild. Wer sie noch kennt, die alten „Anziehpuppen“ aus Papier (Figurinen), denen man die unterschiedlichsten Kleider einfach anheften konnte, kann sich sehr gut vorstellen, wie die Kostüme beschaffen sind. Jeder Akt erhält auch eine tragende Erzählfigur, die dafür sorgt, dass die komplexe Handlung immer wieder zusammengefasst wird, so dass niemand den Faden verlieren muss. Das ist auch gut so, denn die Handlung ist vielschichtig, selbst wenn es scheinbar so einfach klingt. Schließlich geht es um die großen Gefühle, denen wir alle in irgendeiner Weise ausgeliefert sind. Da ist die Idee, die beiden Herzen der Verliebten auch als Herzen auftreten zu lassen, ganz wunderbar. So können Zweifel, Zögern und Zaudern visualisiert werden. Genauso brillieren die Ungeheuer in ihrer Bedrohlichkeit durch Phantasie bei der Konstruktion der Kostüme.

Aber was wäre eine Oper ohne die Musik? Hier hat Moritz Eggert großartige Arbeit geleistet. Von Anfang an erleben wir den wunderbaren Austausch zwischen Sängerinnen, Sängern und dem Orchester. Es ist, als würden zwischen Orchestergraben und der Bühne Funken sprühen. Die Musik in wildem Galopp oder sanftem Klingen erregt und besänftigt und erzählt die Geschichte in ihrer eigenen Sprache. Witz und Humor, Drama und pure Freude, alles wird spürbar. Und in dieser gelungenen Mischung aus Spiel und Ernst, Farbenfreude und Schwarz-Weiß lebt es sich in der Ritterwelt ganz wunderbar.

Der Text ist wohl den meisten Änderungen unterworfen worden. Doch wie alt die Quelle des Urtextes von Hartmann von Aue ist, merkt man, wenn man dem Gesang der Vögel lauscht, denn die Vögel des Waldes singen ihre Lieder in Mittelhochdeutsch. Ansonsten versucht der Text jung, frech und locker und zeitgemäß zu sein. Das muss nicht gefallen, gibt aber die Möglichkeit, Strenge und Ernst mit Humor und Leichtigkeit zu würzen und führt uns am Ende aus unserer realen Welt in das Abenteuer hinein und erdet uns zum guten Schluss, als sich die Brüder im Zoo wiederfinden.

Statt eines Besuchs im Zoo sollte man mal wieder in die Oper gehen! Endlich dürfen wir es ja wieder. Iwein Löwenritter ist keine reine Kinder- oder Familienoper, es ist ein großer Spaß für jede und jeden, die endlich mal wieder ein richtiges (Bühnen-)Abenteuer erleben möchten.