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Wohin führt uns all unser MEINEN und NACHPLAPPERN ?

von: Helga Lustenberger

Diese Frage beantworte ich gleich selbst: Dadurch werden wir zu gleichförmigen, normierten Menschen, die sich leicht manipulieren und gängeln lassen!

Als ob wir das nicht schon zur Genüge wüssten! Das Internet stellt uns zu jeder Zeit das gesamte Weltwissen zur Verfügung, und Radio, Fernsehen und Journalismus überfluten uns buchstäblich mit Informationen, die sie «vor-philosophiert» zur Sprache bringen und dafür Authentizität beanspruchen.

In unserer allzu hektischen Zeit konsumieren wir bereitwillig das uns so Vorgesetzte als Tatsachen, meistens ohne deren Bedeutung und Implikationen für unsere Gesellschaft zu hinterfragen. Gerade während der aktuellen «Corona-Pandemie» ist eine fatale Tendenz der Publizistik zu Sensationsmeldungen festzustellen, bei der Skandalöses bevorzugt, Positives verschwiegen und Gesamteindrücke andauernd verfälscht werden. Dennoch ist das für die Mehrheit der Menschen der Stoff, aus dem sie ihr «künstliches Weltbild» - inklusive Täuschungen und Irrtümern - weben.

Wie könnte die Meinung des Mainstreams auch falsch sein, wird sie doch von der Mehrheit getragen, selbst wenn niemand bereit ist, dafür die Verantwortung zu übernehmen?

Im Spiegellabyrinth der medialen Vormundschaftsgewalt, ihrer Manipulation, Täuschung und Blendung ergeben wir uns dem sanften Schlummertod unserer Freiheit: «Das Denken ist zwar allen Menschen erlaubt, aber vielen bleibt es erspart» (Curt Götz).

Wir fühlen uns von einem Allmachbarkeitswahn durch Technik und Künstliche Intelligenz dominiert, empfinden unser Menschenbild als homo faber weitgehend überholt und sogar die Kräfte der Vernunft scheinen zu erlahmen, mit dem Resultat des Verlustes an Individualität und Menschlichkeit. Dieser schleichende Abbau an Autonomie wird uns tagtäglich bewusst durch die Hypertrophierung des Freiheitsbegriffs in den vielschichtigen Facetten der Emanzipation von allen gewachsenen Werten und Traditionen (Ehe, Familie, Religion, Autorität, Disziplin).

Ist es in diesen Zeiten komplexer Lebensführung überhaupt noch sinnvoll, im Sturm der medialen Sprachverwirrung seine Stimme zu erheben? - Genau das hat die Geisteswissenschaftlerin und Philosophin Karen Gloy mit der Vorlage ihrer drei jüngsten Werke getan.

«WAHRHEIT und LÜGE»

Die Bedeutung der Begriffe Wahrheit und Lüge sind für die Menschheit existentiell; sie müssen im Bewusstsein verinnerlicht sein, weil sie in Wahrheit weit mehr als nur dies erklären, nämlich den homo sapiens in Realität und Fiktion.

Die meisten Menschen können nicht erklären, wovon sie sagen, sie seien davon überzeugt. Kein Wunder: Selber denken lässt sich nicht via Skype und Zoom abwickeln! Selbst-Denken heisst vornehmlich, den verschiedenen partikularen Perspektiven ihr Recht einzuräumen und dabei nicht den Anspruch zu erheben, sich in seiner partikularen Position den anderen aufzudrängen.

Die Autorin unternimmt mit ihrem Werk eine Differenzierung von Wahrheit und Lüge in anthropologischer, evolutionärer und historischer Sicht, immer mit lebensnahem Praxisbezug. Dies exponiert sie nicht nur an vielen Beispielen, wie sie in allen Facetten unseres Alltags gelebt und erlebt werden, sondern untermauert diese mit aufschlussreichen historischen, philosophischen und politischen Interpretationen im Vergleich mit anderen Kulturen, Ethnien und Ideologien. Es sind für uns Tagträumer aussergewöhnlich bedenkenswerte Bewusstseinserhellungen zu den Kernfragen des Denkens.

In wissenschaftlicher Konsequenz arbeitet die Autorin einsichtig heraus, dass wir zu rationalem Handeln befähigt, die Motive unseres Handelns, wie auch die Bausteine unserer Erkenntniswelt, aber im Geistigen liegen. Damit wird klar, dass Wahrheit und Lüge den Prinzipien und Regeln der Moral unterliegen, die anerzogen, erlernt oder durch Selbsterziehung internalisiert werden müssen. Erst dadurch werden wir zu «ens sociales» mit reflektierender Urteilskraft und eigenverantwortlichem autonomen Handeln.

Das Oeuvre bringt unser träges Denken in Bewegung, straft die Mythen der technologischen Entwicklung – speziell der Künstlichen Intelligenz – Lügen und entlarvt in seiner scharfsinnigen Analyse aktuelle Probleme, ohne Rücksicht darauf, ob die Schlussfolgerungen populär sind.

«MACHT und GEWALT» kann als Anschlusswerk von «Wahrheit und Lüge» verstanden werden, obwohl es zweifelsfrei seine eigenständige Berechtigung hat.

Die Autorin zieht in diesem Buch den Ariadnefaden weiter, sich nicht benebeln zu lassen und klar zu denken. Gerade bei Phänomenen, die allgemein bekannt sind, und mit denen jeder irgendeine Vorstellung verbindet, ist es unerlässlich, sich über die Bedeutung der Begriffe zu einigen. Deshalb widmet sie den I. Teil ihres Werkes der Etymologie der Wörter Macht und Gewalt und zeigt damit deren komplexe Zusammenhänge auf.

Im II. Teil des Opus, dem Kern des Werkes, werden uns Zugänge zur praktischen Anwendung von Macht und Gewalt in allen Gefilden unserer menschlichen Verflechtungen eröffnet, sozial, wirtschaftlich, politisch, wissenschaftlich, usw. – bis hin zur Künstlichen Intelligenz – womit der aufmerksame Leser den Fängen üblicher Engführungen entrissen wird. Die geschichtlichen Hintergründe bleiben dabei nicht ausgeblendet. Genial darin eingebunden sind die Geschichtswerke des Thukydides («Melierdialog»), die «Rede über den Lobpreis der Helena» des Sophisten Gorgias und im besonderen Macchiavellis «Il Principe» («Der Fürst»), deren Interpretationen von grossem Gewinn sind.

Mit Halbheiten macht Karen Gloy tabula rasa und berücksichtigt in ihren wissenschaftlichen Exponaten ebenso die Wirkungen von Macht und Gewalt in Psychologie und Religion, als auch die Macht des Geldes und der sozialen Netzwerke.

Die Geschichte der Wahrheitsproblematik ist damit entfaltet und aufgerollt. Dem Leser dürfte inzwischen aufgegangen sein, dass die Macht die Argumente der Vernunft alltagspraktisch immer noch durchkreuzt.

«MACHT und GEWALT» ist nicht nur ein immenser geistiger Gewinn mit einem Wink zur Besinnung, sondern auch ein Lesevergnügen !

Wir beten heute allerlei Arten von Macht an und errichten damit Denkmäler der Knechtschaft. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass sich Karen Gloys fundamental geisteswissenschaftliche Studien in letzter Konsequenz konzentrieren auf die Herausforderungen, die sich gerade jetzt angesichts der gesellschaftlichen Wandlungen aufdrängen.

«DEMOKRATIE IN DER KRISE?»

Die Autorin dürfte sich kaum als «Geisteswissenschaftlerin» bezeichnen, wenn sie uns nicht den Spiegel vorhielte, der zeigt, wohin uns der lange menschliche Erfahrungs- und Entwicklungsweg geführt hat. Es ist ein festes Bekenntnis ihres freien Geistes zur Vielgestaltigkeit und Widersprüchlichkeit der Welt.

Dieses, uns so eindrücklich bewusst gemachte vergangenheitsbezogene Selbstbildnis löst sicherlich keine pure Freude aus, bringt uns aber näher heran an die Auseinandersetzung mit Fragen der Zukunft. Es wäre wünschenswert, das Spiegelbild unserer Gesellschaft mit der Lupe zu betrachten nach dem Diktum «sapere aude».

Eine persönlich verantwortete und mit Argumenten untermauerte Kritik steht jedem frei und wäre ein Diskussionsbeitrag zu nichts Geringerem als die gegenwärtige Zivilisationsdynamik mit dem Erfordernis der Permanenzfähigkeit in Einklang zu bringen.

Stellen wir uns dieser unausgesprochenen Aufforderung, den weißen Fleck zu finden, die fortschreitend und unaufhaltsam erkennbare Zerstörung unserer Lebensgrundlagen und unserer Menschlichkeit nachhaltig zu überwinden. Das braucht nicht nur Zivilcourage, sondern vielmehr auch Demut und Bescheidenheit.

Ich wünsche den drei herausragenden Werken weite Verbreitung; sie wollen «gefunden werden»!

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