Der Snob hält den Schein aufrecht. Er will der die Hochkultur oder eine Hochkultur vertretenden Gruppe angehören. Er stattet sich deswegen mental aus mit der Statussymbolik dieser Gruppe. Demzufolge imitiert er, bis in alle Einzelheiten, diese Gruppe in ihrem Aufwand des guten Geschmacks: die Schätzung der Kunst und den dazu gehörenden Lebensstil. Damit ist eine in sich verflochtene, verwickelte, aber auch sich trotzdem locker und lustig präsentierende Dramaturgie der verbalen und nicht verbalen Anstrengung, Aufbietung und Darstellung gemeint. Sie ist die Expression einer imitierten Authentizität, in der man sich die Kultur des Kunstgenusses in ihrem innersten Zusammenhang zu eigen gemacht hat. Der Snob verbringt damit eine glänzende, aber mental sehr komplexe Leistung. Eine Sache gelingt ihm aber nicht: er wird, der Art der Sache wegen, nicht imstande sein, die Kunst um der Kunst Willen zu lieben. Seine Zuwendung zur Kunst bleibt, in ihrer ganzen Passioniertheit, instrumental. Deswegen wird er immer auf Zehenspitzen gehen, denn Gesichtsverlust ist immer in der Nähe.
- That’s definitly not Russia
- Die Vermessung der fiktiven Welt
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Die Autonomie des Schönheitsempfindens
Über Snobismus und Kitsch
von: Jan Dimmers