Diese Webseite nutzt Cookies

Diese Webseite nutzt Cookies zur Verbesserung des Erlebnisses unserer Besucher. Indem Sie weiterhin auf dieser Webseite navigieren, erklären Sie sich mit unserer Verwendung von Cookies einverstanden.

Einige dieser Cookies sind technisch zwingend notwendig, um gewissen Funktionen der Webseite zu gewährleisten.

Darüber hinaus verwenden wir einige Cookies, die dazu dienen, Informationen über das Benutzerverhalten auf dieser Webseite zu gewinnen und unsere Webseite auf Basis dieser Informationen stetig zu verbessern.

Suche:

Steierwald, Ulrike
462 |

You Begin / Du fängst an

Ulrike Steierwald liest Margaret Atwood / Monika Rinck

„10 Minuten Lyrik“, Leuphana Universität Lüneburg, 12. Januar 2022

An der Leuphana Universität Lüneburg wurde und wird die Reihe „10 Minuten Lyrik“ – der Pandemie zum Trotz – fortgesetzt. „Der Dichtung eine Gasse“ – an das Motto der Frankfurter Anthologie anknüpfend, sprechen Literaturwissenschaftler/innen in jeder Woche über ein Gedicht ihrer Wahl. Sie nehmen die klassischen oder modernen, schwierigen oder scheinbar einfachen Verse in den Blick, fragen nach ihrer Bedeutung, schlagen eine Lektüre vor und eröffnen auf diese Weise einen Zugang – eine Gasse – zum Gedicht und der in ihm erzeugten und reflektierten Welt.

Im Winter waren die „Zehn Minuten Lyrik“ sogar in der allseits ersehnten Präsenz auf dem Campus möglich. Ab Januar wurde diese produktive Zäsur einmal mehr digital stark gemacht.

Zum…

[Weiterlesen]
Rave, Marion
451 |

Der ewige Traum vom Falken

„Die Nibelungen: Ein deutscher Stummfilm“ von Felicitas Hoppe / Platz 3 der SWR Bestenliste November 2021

Ze Wormez bî dem Rîne gibt es nicht so besonders viel, womit man überregional von sich reden machen könnte. Was es allerdings gibt, und was dann auch kulturell ausgeschlachtet wird, sind die Nibelungen, die dort einst gelebt haben sollen. Seit beinahe zwanzig Jahren gedenkt man dieser Tatsache mit den im Sommer stattfindenden Nibelungenfestspielen. Auf deren Bühne, gelegen direkt vor der Kulisse des Wormser Doms, lässt Felicitas Hoppe die sagenumwobenen Gestalten der politisch vorbelasteten Dichtung ihre Intrigen spinnen.

Sie bringt alle auf die Bühne, die in den Nibelungen Rang und Namen haben: Kriemhild und Brunhild, Siegfried, Gernot, Gunter und Giselher, Ute und Hagen. Und sie ergänzt das Personal um einige zusätzliche Rollen, unter…

[Weiterlesen]
Dörwald, Uwe
443 |

Zum Verhältnis von Philosophie, Wissenschaft und Dichtung bei Hermann Broch

Vor 70 Jahren, am 30. Mai 1951, ist der Schriftsteller und Philosoph Hermann Broch in New Haven, Connecticut, gestorben. In seinem Todesjahr wurde Broch von einigen Freunden und literarischen Gesellschaften für den Nobelpreis vorgeschlagen. Heute ist die Erinnerung an ihn und sein Werk, außer in Fachkreisen, verblasst. Hannah Arendt, Milan Kundera, Elias Canetti und Thomas Bernhard u.v.a.m. haben ihn und sein Werk geschätzt.

Wir bringen an dieser Stelle einen älteren Text, um an ihn zu erinnern.


Die Romane Hermann Brochs gelten als groß intendiert und sind zumeist entsprechend dieses Urteils rezensiert, analysiert und interpretiert worden. In Arbeiten zu Broch, die sich mit dem philosophischen Hintergrund seiner Romane befassen, aber…

[Weiterlesen]
Uzukauskaite, Lina
432 |

Ingeborg Bachmanns Rom

Verflechtungen zwischen ihrem Leben und Werk

Die österreichische Schriftstellerin Ingeborg Bachmann (1926-1973) lebte in Rom, mit Unterbrechungen, ab dem Jahr 1954. Fast zwölf Jahre lang hatte sie ihren Wohnsitz in der città eterna. Rom vermittelte ihr „ein geistiges Heimatgefühl", hier fühlte sie sich „aufgehoben“ (GuI, S. 23), hier hatte sie leben gelernt:

Gelernt habe ich etwas von den Italienern, das ist schwer zu erklären. Denn man kann von ihnen etwas lernen, wenn man alles wegwirft, jede Vorstellung, die man sich vorher gemacht hat davon. Es sind nicht die Schönheiten, nicht die Orangenbäume und nicht die herrliche Architektur, sondern die Art zu leben. Ich habe hier leben gelernt. (Bachmann 2004, S. 29)

Bachmann spricht daher von der „Liebe zu [dieser] Stadt und ihren…

[Weiterlesen]
Redaktion,
423 |

Ich saß auf einem Stein

Das schon jetzt legendäre Coronajahr 2020 neigt sich und geht in ein neues hinüber, mit jeder Menge unbeantworteter und nach wie vor unbeantwortbarer Fragen im Gepäck, die sich der große deutsche Dichter Walther von der Vogelweide, der in diesem Jahr seinen 850sten Geburtstag feiert, schon lange vor uns stellte. Ihm gilt unsere Hommage zum Jahresabschluss, denn seine Dichtung beweist: Er war mehr als bloß ein fahrender Sänger, der mit seinen Geliebten unter der Linde lag und die Minne vom wirklichen Leben trennte, sondern stand mit beiden Beinen zwischen Dichtung, Religion und Politik im wirklichen Leben.

Und so leihen wir uns zum Jahreswechsel seine zeitlose Stimme und setzen uns in der Silvesternacht so ruhig und gelassen wie möglich und…

[Weiterlesen]
Brose, Thomas
418 |

GLAUBE UND GEWISSEN

Zum Tod des Schriftstellers Günter de Bruyn

„Die Sicherheit, der ich das Glück meiner frühen Kindheit verdanke, basierte neben der Liebe der Eltern zu uns und zueinander auch auf einem Familien-Katholizismus, der unser Leben in die festen Regeln von Tisch- und Abendgebet, von sonntäglichem Kirchenbesuch und fleischlosen Freitagen zwängte, sonst aber von Person zu Person individuell gefärbt war“, schrieb der 1926 geborene Günter de Bruyn in seiner „Zwischenbilanz“ (1992).

Der Autobiograf machte darin deutlich, wo für ihn Quellen einer Autorschaft im Spannungsfeld von Machtanspruch und Gewissensentscheidung zu finden sind: Katholischsein in der Berliner Diaspora bedeutete für das jüngste von vier Geschwistern, Rückhalt im Glauben zu suchen und sein Leben im „Dritten Reich“ davon…

[Weiterlesen]
Rave, Marion
409 |

Der Bücherwurm und seine hungrigen Geschwister

Als Bücherwürmer werden ja gemeinhin die Menschen bezeichnet, die sich hartnäckig und systematisch durch ein Buch nach dem anderen fräsen. In zahlreichen Cartoons wird der Bücherwurm als possierliches, bebrilltes Kerlchen dargestellt, fröhlich winkend aus dem gerade zerstörten Werk. Aber gibt es das wirklich? Schädlinge, die sich durch ganze Regalmeter fressen, eine tunnelförmige Spur der Verwüstung hinterlassend? Einen hochspezialisierten Bücherwurm findet man nicht in der Welt der mitunter lästigen Kleintiere, dafür aber diverse andere Tiere, die durchaus Interesse an gepresster Zellulose, Leim und Leder haben. Niedlich sind sie meistens nicht und der angerichtete Schaden reicht von lästig bis immens, besonders bei größeren und nicht…

[Weiterlesen]

Helga Schubert und der Bachmann-Preis, meine Großtante Hanna und ich

Als ich unter den Autoren und Autorinnen, die beim diesjährigen Bachmann-Wettbewerb lesen würden, auch Helga Schubert fand, war ich überrascht. Nicht nur, weil die Autorin mittlerweile 80 Jahre alt ist, sondern vor allem deshalb, weil ich von ihr bereits in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts erste Texte gelesen hatte. Die Autorin gehörte zu den drei Helgas, Helga Königsdorf, Helga Schütz und sie, die ich damals neben Christa Wolf, Brigitte Reimann, Irmtraud Morgner und Maxie Wander gern las, weil sie stärker über die weibliche als die männliche Seite der Welt schrieben. Die interessierte mich damals mehr, entsprach auch eher meiner eigenen Befindlichkeit in der DDR.

Jahrzehnte hatte ich nichts mehr von Helga Schubert gehört oder…

[Weiterlesen]

EINE REISE NACH CZERNOWITZ

Im Mai 1973 besuchte ich mit einem Freund den Dichter Peter Garstecki in Barth, einer kleinen Stadt an der Ostsee. Auf dem winzigen Balkon der von Garstecki und seiner Familie bewohnten Neubauwohnung las ich erstmals Gedichte von Paul Celan, nachdem uns der Gastgeber von seinem Lieblingsdichter Celan und der kurzen Begegnung mit ihm erzählt und mich neugierig auf dessen Lyrik gemacht hatte. Ich begann zu lesen und versank alsbald in die mir unbekannte, fremdartige und faszinierende Lyrik Celans. Zum ersten Mal las ich auch den Namen Czernowitz, Geburtsstadt Celans, in der seine Lyrik ihren Anfang genommen hatte. Jahre später begegnete ich ersten Gedichten von Rose Ausländer und Selma Meerbaum-Eisinger, und beide Lyrikerinnen waren ebenfalls…

[Weiterlesen]
Berger, Thomas
402 |

GLANZ DES SCHEITERNS

Andreas Egerts Essay "Warum Cioran heute?"

Wäre E. M. Cioran, der aus Rumänien stammende, die meiste Zeit seines Lebens in Frankreich ansässige Philosoph, in der Gegenwart populär, wäre in den Köpfen vieler Menschen und folglich im Weltgeschehen manches anders als in der sich der „Unterhaltungs-philosophie“ und dem „Ökonomismus“ ausliefernden Gegenwart. Umso wichtiger und begrüßenswerter ist deshalb die intellektuelle Auseinandersetzung mit diesem Denker, die wir dem Aphorismus-Experten Andreas Egert verdanken.

Seit vielen Jahren widmet sich der 1968 in Frankfurt am Main geborene Autor der literarischen Gattung des Aphorismus. Er veröffentlichte die drei Bücher fehlfarbenfroh – Aphorismen (Schardt Verlag), Vom Werden und Wesen des Aphorismus. Essays zur Gattungsproblematik bei…

[Weiterlesen]
Egert, Andreas
401 |

WARUM CIORAN HEUTE ?

Ein Vortrag, ein Nachwort zu Cioran ist heuer ein notwendiger Nachruf, ein Nachschrei auf die Kritik, das aphoristische Denken, die unbequeme Nicht-Anpassung, das Widerstandsdenken, die Unabhängigkeit und Integrität des Denkens wider die Unterhaltungsphilosophie unserer Tage und die Triumphzüge des mittelmäßigen Ökonomismus, der alle Lebensbereiche nützlich und pragmatisch vereinnahmt und untergräbt - Ciorans Aphorismen sind ein Remedium gegen unseren Zeitungeist und beharren auf einer Unbestechlichkeit des Denkens, wie sie leider immer mehr zu verloren gehen scheint. Wenn sich Cioran im Aphorismus behauptet, dann behauptet er sich in einer leidenschaftlichen Ohnmacht, die ihm eine gewisse menschliche Würde zurück gibt - in der…

[Weiterlesen]
Berger, Thomas
390 |

FUNDAMENT DER SCHULD

"Unterm Birnbaum" von Theodor Fontane

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts erschien ein Werk der Kriminalliteratur, das bis heute breites Interesse hervorruft. Einen zusätzlichen Genuss vermittelt das entsprechende Hörbuch des unvergleichlichen Rezitators Gert Westphal (1920−2002).

Der Prosatext Unterm Birnbaum (1885) verarbeitet eine tatsächliche Fallgeschichte, die sich 1842 in der Oderbruch-Gemeinde Letschin zutrug, wo Fontanes Vater, Louis Henri Fontane (1796−1867), der – wie seine Gattin Emilie (1797−1869), geborene Labry − von Hugenotten abstammte, eine Apotheke besaß. Beim Graben entdeckten Straßenarbeiter im Garten des Gasthauses Zum Alten Fritzen ein Skelett, das einem Handlungsreisenden aus Stettin zugeordnet wurde. Der Wirt Fitting geriet in Verdacht, der Mörder zu sein.…

[Weiterlesen]
Brose, Thomas
389 |

Zu vergleichen mit Balzac, Dickens und Tolstoi

Eine Würdigung Theodor Fontanes zu seinem 200. Geburtstag

Tatsächlich zählt der am 30. Dezember 1819 in Neuruppin geborene Nachfahre eingewanderter Hugenotten zu den bedeutendsten Literaten der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Er ist zu vergleichen mit Balzac, Dickens oder Tolstoi, Größen von Weltrang. Besser als die gefeierten Autoren seiner Epoche, Paul Heyse, Gustav Freitag, Wilhelm Rabe und selbst Theodor Storm, gelang es dem Apotheker, Journalisten, Theaterkritiker, kurzzeitigen Akademie-Sekretär und spätberufenen Romanschriftsteller, nicht nur Adel, Bürokratie und märkisches Junkertum zu beschreiben, sondern auch sogenannte „Kleine Leute“ mit zuvor nicht gekannter Präzision zu porträtieren. Andererseits führte der Realist seine Leserinnen und Leser mitten hinein in Zeiten…

[Weiterlesen]
Berger, Thomas
386 |

"... alles in einem Satz" -

Ilse Aichingers Poetik des Schweigens und Verschwindens

 

In den Texten der 1921 in Wien als Tochter einer jüdischen Ärztin geborenen und 2016 dort verstorbenen Schriftstellerin Ilse Aichinger spielt die kritische Sorgsamkeit in der Verwendung von Wörtern die zentrale Rolle. Bereits in ihrer zweiten Veröffentlichung, dem Essay Aufruf zum Misstrauen (1946), weist sie auf den Zusammenhang zwischen zerstörerischer Macht und verkommener Sprache hin. Dabei setzt sie den Akzent auf die Notwendigkeit, stets den eigenen Sprachgebrauch streng prüfend in den Blick zu nehmen. Beim alltäglichen Sprechen und Schreiben müsse solch konstruktives Misstrauen beginnen. Sie forderte, Verantwortung für das, was man sagt und schreibt, zu übernehmen. Wie radikal ihre sprachkritische Position war, zeigt beispielsweise…

[Weiterlesen]
Strigl, Daniela
383 |

MICHEL HOUELLEBECQ UND DIE SIEBEN TODSÜNDEN

Nachdruck der Laudatio anlässlich der Verleihung des österreichischen Staatspreises für europäische Literatur 2019 an Michel Houellebecq - gekürzte Fassung

„Lob ist schlecht", heißt es bei Rainald Goetz, einst Bürgerschreck, heute Büchner-Preis-Träger: "Zustimmung schwächt, Kritik stachelt an, energiefiziert die Welt." Ich bin also auf der Hut. Lob und Ruhm ist Michel Houellebecq, Träger des Prix Goncourt, Ritter der Ehrenlegion, reichlich zuteilgeworden.

Er hat sich auch über einen Mangel an anstachelnder Kritik bisher nicht beklagen können. Ich spreche hier über Michel Houellebecq, und ich spreche über die sieben Todsünden, die in der Sprache der "aufgeklärten" Kirche seit dem Zweiten Vatikanum gern "Hauptsünden" genannt werden oder, noch genauer, "Hauptlaster", aus denen die Sünden erst erwachsen. (...)

Vielleicht ist Houellebecqs Werk, bei aller ausdrücklichen Distanzierung von der…

[Weiterlesen]